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Ein toller Abend: Künstlergespräch mit Anton Barakhovsky im St. Michaelssaal am 04. Mai 2022

Mit dem neuen Format – einem „Künstlergespräch“ – hatte unser Vorstandsvorsitzender Wolfgang Gieron eine Idee, die er direkt in die Tat umgesetzt hat. Für die erste Ausgabe konnte er einen überaus interessanten Gast gewinnen: Anton Barakhovsky, den Konzertmeister unseres Orchesters.

Die Vita von Anton Barakhovsky ist beeindruckend. Geboren und an der Geige ausgebildet wurde er in Russland. Ursprünglich plante er eine Solokarriere, absolvierte dann aber doch beim Philharmonischen Staatsorchester Hamburg ein Probespiel und konnte sich dort gegen seine Mitbewerber durchsetzen, was ihm eine Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland bescherte. Seit nunmehr vielen Jahren ist er erfolgreicher Musiker und ist heute Konzertmeister im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks.

Der Konzertmeister eines Orchesters ist stets der erste Geiger; hiermit bekleidet er eine herausragende Position. Er bildet quasi die Brücke zwischen dem Dirigenten und dem Orchester. Dies spielt musikalisch eine große Rolle, denn alle Musiker des Orchesters orientieren sich am Konzertmeister: Sie achten auf seinen Einsatz, seine Körperhaltung und diverse kleine Zeichen, die er gibt. Sehr starke Dirigenten (wie beispielsweise Mariss Jansons) haben übrigens alle Musikerinnen und Musiker ihres Orchesters im Blick – bis hin zur letzten Reihe. Sollte dies jedoch bei anderen Dirigenten einmal nicht der Fall sein, achten auch Bläser und die weiteren Instrumentalisten besonders auf die Aktionen ihres Konzertmeisters. Schon vor dem Einstudieren eines Werkes kommt dem Konzertmeister die Aufgabe zu, die Noten vorab durchzugehen und z. B. die Auf- und Abstriche für die Streicher einzutragen. Anschließend übt jedes Orchestermitglied für sich, bevor dann mit dem Dirigenten geprobt wird. Ausgesprochen wichtig ist die Persönlichkeit des Konzertmeisters, denn über das musikalische Führen hinaus sollte ein Konzertmeister integrativ wirken und bei eventuell auftretenden Unstimmigkeiten vermitteln können. (Interessanterweise ist die Rolle des Konzertmeisters im angelsächsischen Raum ganz anders angelegt: Dort ist seine Stellung herausgehoben und mit besonderen Privilegien ausgestattet, wie beispielsweise einem eigenem Übungsraum und besseren Hotelzimmern.) Im BRSO hingegen wird ein deutlich demokratischerer Stil gelebt, denn der Konzertmeister bildet hier trotz seiner Führungsrolle eine Einheit mit seinem Orchester, wenngleich Anton Barakhovsky mit einem Augenzwinkern meinte: „Manchmal wäre es schon leichter, wenn ich als Diktator agieren könnte.“

Im lockeren Gespräch mit Herrn Gieron sprach Herr Barakhovsky auch über den großen Einfluss, den Licht, Akustik, Stimmung und natürlich der Dirigent auf die Darbietung haben. Auch die Zusammenstellung des bei einem Konzert zu spielenden Programms kann den Musikerinnen und Musikern einiges abverlangen. Denn für die Interpretation eines Werks ist oft auch durchaus schauspielerisches Talent gefragt; unterscheidet sich die Stimmung der verschiedenen Stücke in einem Konzert stark, ist es sehr herausfordernd, sich innerhalb von Minuten umzustellen und neu einzufühlen. Berührend war seine Schilderung des letzten Konzerts, das Mariss Jansons in der Carnegie Hall dirigiert hat. Zu diesem Zeitpunkt war er durch seine Krankheit bereits schwer gezeichnet. Sowohl der Veranstalter als auch das Orchester plädierten für einen Abbruch der Aufführung. Doch auch Anton Barakhovsky gelang es im Einzelgespräch in russischer Muttersprache nicht, Mariss Jansons zu überzeugen – er mobilisierte seine letzten Kräfte und dirigierte das Konzert zu Ende.

In einer angenehmen Atmosphäre konnten die anwesenden Freunde also viel Neues erfahren. Die beiden Gesprächspartner unterhielten sich auf Augenhöhe, da sie längere Zeit im BRSO Kollegen waren, denn auch Herr Gieron spielte dort Geige. Er stellte nicht nur Fragen, sondern konnte durch das Einbringen eigener Erfahrungen bereichern. Anton Barakhovsky war jedenfalls gut aufgelegt und plauderte dann und wann „aus dem Nähkästchen“. Wir danken ihm an dieser Stelle nochmals herzlich, dass er uns an seinem reichen Erfahrungsschatz hat teilhaben lassen!

Text: Ulrike Mosbach
Fotos: Barbara Klingan

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