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Klangwolken am Odeonsplatz

Am Abend des 30. November 2022 begrüßte Wolfgang Gieron als Gast im St. Michaelssaal den Physiker Gunter Engel, der in namhaften Konzertsälen und bei Open-Air-Events rund um die Welt für eine klangvolle Akustik sorgt. Im Gespräch mit Martin Wöhr gab es spannende Fakten zum Thema Raumakustik und Beschallung.

Eine gute Akustik auf dem Odeonsplatz zu erreichen, ist eine immense Herausforderung. Vielfältige Aspekte beeinflussen dort das Klangerlebnis. Als Offensichtlichstes, neben der eigentlichen Musik, sind hier unterschiedliche bauliche Gesichtspunkte zu nennen. Doch nicht nur Schallabstrahlung, Architektur und Raumvolumen beeinflussen den Klang, sondern ebenso klimatische Umstände wie Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Wind. Auch die Art der gespielten Musik und wie sie auf unsere Wahrnehmung wirkt, sind von Bedeutung: Guter Klang ist sehr differenziert und wird von Mensch zu Mensch unterschiedlich wahrgenommen. Hierbei spielt nicht nur das persönliche Hörvermögen eine Rolle, sondern auch die eigene Tagesform und Konzentration. "Akustik ist ein anspruchsvolles Metier für unser Wunder Ohr“, so Gunter Engel.

Martin Wöhr wollte es genauer wissen: Lassen sich die komplexen Vorgänge eines Schallereignisses auf dem Odeonsplatz, abgestrahlt von Instrumenten oder Lautsprechern und die individuelle Wahrnehmung beschreiben; finden Ursache und Wirkung dort schlüssig zueinander? Die Wissenschaft kann die physikalischen Fakten des Schalls zwar objektiv messen und beschreiben, wie es dann für das Individuum klingt, ist vielfach noch ein Rätsel der Psychoakustik. Das ist auch hier, bei einer solch markanten Open-Air-Veranstaltung, das Wunder.

Das jährliche kulturelle Großereignis "Klassik am Odeonsplatz" in München, wartet mit ganz besonderen Umständen für die Akustik-Profis auf. Es gilt, einen riesigen freien Ort zu beschallen, der 8.000 Zuhörern Platz gibt. Auch in der letzten Reihe, 170 Meter von der Bühne entfernt, möchte der Konzertbesucher noch einen beeindruckenden Klang erleben. Aber das Schallereignis braucht Zeit von hier bis dort! Auch die Videoübertragung auf Großbildschirme zeigt optisch die Diskrepanz zwischen Ton und Bild. Das alles synchron und an jedem Ort einheitlich zusammenzubringen, ist unmöglich. Das menschliche Gehirn hat das im Laufe der Evolution nicht gelernt.

Doch nicht nur die Zuhörer wünschen sich ein schönes Klangerlebnis. Für die Orchestermusikerinnen und -musiker ist es für ihre Arbeit unerlässlich, sich gegenseitig gut wahrnehmen zu können. Der Baukörper der Feldherrnhalle in dem das Orchester musiziert, ist hierfür leider ziemlich ungeeignet, so dass die Akustik-Profis mit ihrer Expertise kräftig nachhelfen müssen. Ein sog. Bühnenmonitoring erlaubt zumindest ein Mindestmaß an Hören im Orchester, um sich während der Aufführung musikalisch orientieren zu können.

Mit dem Einsatz von Dutzenden von Mikrofonen, Kilometern von Kabeln, mehreren Tonmeistern an ihren Mischpulten und unzähligen Lautsprechern, viele als sog. Linearrays neben der Feldherrnhalle aufgehängt oder einzeln um den Odeonsplatz herum verteilt, wird für eine "lokalisationsrichtige" Wahrnehmung der Instrumente gesorgt. Das neue Stichwort "3D-Audio" ist das Geheimnis, dem erwähnten Wunder auf die Spur zu kommen. Da ist viel hochmoderne Computertechnologie mit im Spiel. So schafft man es, das Gehörte mit dem Gesehenen möglichst genau zueinander zu bringen. Und sich dennoch akustisch wie im Konzertsaal fühlen zu können. Gunter Engel sagte: "Dass es heuer mit dem Klang auf dem Odeonsplatz so gut geklappt hat, ist ein auch technisches Wunderwerk, das über die Jahre Schritt für Schritt entwickelt wurde." Und sich wohl noch weiter verfeinern wird.

Die Fragen aus den Reihen der Freunde, die sich erneut einmal mehr als sehr kenntnisreich erwiesen, wurden von Engel und Wöhr sachkundig beantwortet. Auch wurden persönliche Erfahrungen aus einigen bekannten Konzertsälen dieser Welt geteilt, so der Oper unter den Linden Berlin, der Mailander Scala, dem KKL Luzern, der Opera Sydney oder dem Wiener Musikverein. Die Musik ist es, die uns zusammenbringt – und unser wunderbares Orchester!

Herzlichen Dank für den interessanten Abend!


Text und Fotos: Ulrike Mosbach

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